Die Welt hinter Emilíana Torrinis Augen
Ihre Hand steht angespannt von ihrem Arm ab, die Finger gekrümmt. Sie wirken verkrampft. Die Gesichtszüge der auf der Bühne singenden Frau verziehen sich binnen Sekunden von angestrengt bis hin zu einem Lächeln. Während alledem klingt Emilíana Torrini erfüllt von der Leidenschaft, den Träumen und Gefühlen ihrer poetischen Texte. Und sie singt die ganze Zeit mit geschlossenen Augen.
Sängerin Emilíana Torrini spielt im November 2013 in Köln.
Leidenschaft, den Träumen und Gefühlen Mit gefalteten Händen und Herzklopfen stehe ich vor der Bühne im Gloria-Theater. Als die kleine Isländerin mit italienischen Wurzeln die Bühne betritt, springt mein kleines Herz im Dreieck. Ich bin ein bisschen aufgeregt, denn ich sehe sie zum ersten Mal. Außerdem singt sie größtenteils Stücke ihres kurz zuvor erschienenen Albums „Fisherman’s Woman“, welches in kürzester Zeit zu meinem absoluten Lieblingsalbum avancierte. Während des gesamten Konzerts kann ich die Augen nicht von Emilíana Torrini abwenden, stehe alleine im großen Saal lauschend vor ihr, sauge jeden Ton und jede Note mit meinen Ohren auf. Ihre ätherische Stimme, ihre charismatische Art und ihre unendlich sympathischen Deutsch-Bruchstücke ziehen nicht nur mich, sondern das gesamte Publikum vom ersten Atemzug an in ihren Bann. Als sie begann mein persönliches Lieblingslied zu spielen… ich bin mir sicher, mein Herz blieb für eine kurze Weile stehen.
EMILÍANA TORRINI SINGT VORWIEGEND MIT GESCHLOSSENEN AUGEN.
Emilíanas Alleinstellungsmerkmale: Ihre einzigartige Stimme, welche zugleich kindlich, schüchtern, erwachsen und ein kleines bisschen rauchig klingt. Ihre niedliche Erscheinung und ihre verschmitzte, bängliche Körpersprache und im Kontrast dazu ihre positive Ausstrahlung. Und besonders ihre visuellen, anspruchsvollen und poetischen Texte, die wunderschöne Geschichten erzählen. Mit gebrochenem Deutsch und zuckersüßem Akzent erzählt die 1977 geborene Isländerin von den Inspirationen hinter ihren Liedern und von lustigen Anekdoten ihres Künstlerlebens. Wie die, als sie Liedtexter J. Samuel bat, ihr einen Songtext für ihr Album „Fisherman’s Woman“ zu schreiben. Er griff nach einem Blatt Papier, einen Stift und setzte sich. Nicht einmal zehn Minuten später stand er auf. Samuel reichte Emilìana das Blatt. Die Sängerin fühlte sich auf den Arm genommen, blickte nicht einmal auf den Zettel. Sie wollte den Text zurückgeben und sagte etwas wie: „Ja ja, verarsch mich nicht. Jetzt mach mal ernsthaft!“. J. Samuel entgegnete ihr, sie solle sich die Lyrics anschauen. Emilíana nahm das Blatt und begann den Text zu „Serenade“ zu lesen – und musste weinen.
DER CLOSING-TITEL IHRES ALBUMS “FISHERMAN’S WOMAN”.
November 2013. Wieder stehe ich im Gloria-Theater. Wieder aufgeregt und voller Vorfreude auf Emilíana Torrini. Fast alles ist so wie damals. Und doch ein bisschen anders. Dieses Mal weiß ich, was mich erwartet und gerade darüber bin ich ein bisschen traurig. Auf Songs vom Meisterwerk „Fisherman’s Woman“ kann ich kaum hoffen, stattdessen größtenteils Lieder von Emilíanas neuem Album „Tookah“, das mir bis auf drei Songs eher weniger gut gefällt. Doch als sie die Bühne in einem drapierten schwarz-rot-weißen Kleid und weißen Lack-High-Heels betritt, formt sich mein Mund automatisch zu einem Lächeln. So als würde ich einer alten Freundin nach Jahren wieder begegnen.
EMILÍANA TORRINI VERSPRÜHT AUF DER BÜHNE EINE FEENGLEICHE AURA.
Mittlerweile ist Emilíana Mutter geworden und berichtet witzelnd von den Momenten, in denen man sein Baby am liebsten aus dem Fenster schmeißen würde. Aber auch, wie sie in ihrer Musik einen Ausgleich zum anstrengenden Dasein als Mama findet. Als die ersten Gitarrenklänge ihrer Hymne „Birds“ aus ihrem vor-angegangenem Album „Me and Armini“ ertönen, läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter und meine Augen füllen sich mit Tränen.
“Life is ups and downs, dude. Deal with it!” – Emilíana Torrini
„Wenn man Musik macht, dann kommen etliche Menschen aus deinem Umfeld zu dir und wünschen sich, dass du ein Lied über sie schreibst. Doch viele wissen gar nicht, wie schwer das eigentlich ist“, beginnt Emiliana zu erklären. Doch für ihr Album „Tookah“ schrieb sie „Elísabet“ , ihrer nur zwei Jahre jüngeren Tante gewidmet, mit der sie aufwuchs. „Sie ist die großartigste Person auf dieser Welt“, schwärmt Emilíana. “…Elísabet the distance sounds of bells Surround you…” Beim Lauschen des Stückes schenkt man ihren Worten über die großartige Elísabet sofort Glauben.
EMILÍANA SCHRIEB DIESES LIED FÜR IHRE JÜNGERE (!) TANTE.
Ihre Hand steht angespannt von ihrem Arm ab, ihre Finger leicht gekrümmt. Sie wirken verkrampft. Über zwei Stunden singt Emilíana. Mal traurig, mal fröhlich, mal angestrengt und dann wieder entspannt spielen die unterschiedlichsten Emotionen mit Emilíanas Mimik. Freude, Angst, Unsicherheit, Trauer und Hoffnung. „I don’t want to close my eyes, don’t want to leave the stage now…“, singt sie. Doch ihre Augen hält sie meist geschlossen, so als würden unendlich schöne Bilder und visualisierte Gefühle vor ihren Augenlidern tanzen. Sie muss wunderschön sein – die Welt hinter Emilíana Torrinis Augen.
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